Kondensat auf der Außenseite von Isolierglas
Bei Verglasungen ist heute Isolierglas mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten
(U-Wert) von Ug 1,1 W/m²K Standard. Als jüngste Entwicklung zeichnet sich ein wachsender Anteil an Dreifach-Isoliergläsern mit Ug-Werten von 0,7 W/m²K und weniger ab. Dieser Vorteil für das Raumklima hat jedoch auch einen Nachteil:
Bei bestimmten Witterungslagen bildet sich Kondensat auf den Außenflächen des Isolierglases, das einen Ug-Wert von 1,2 W/m²K oder
weniger hat. Um diese geringen Wärmedurchgangskoeffizienten zu ereichen, wird der hermetisch abgeschlossene Scheibenzwischenraum mit Edelgas befüllt, welches die Wärme schlechter leitet als
Luft. Wegen einsetzender Zirkulation des Gases im Scheibenzwischenraum erreicht der Ug-Wert bei einem definiertem Scheibenabstand je nach Art des verwendeten Füllgases sein Minimum. Auf diese Weise
wird der direkte Wärmestrom vom warmen Innenraum zur kalten Außenluft deutlich reduziert. Einen weit größeren Anteil am niedrigen Ug-Wert hat die nahezu unsichtbare Funktionsschicht auf der dem
Scheibenzwischenraum zugewandten Glasoberfläche. Diese Funktionsschicht lässt die Strahlen aus dem sichtbaren Bereich des Sonnenspektrums zwischen etwa 380 bis 780 nm gegenüber einem vergleichsweise
unbeschichteten Isolierglas nahezu unverändert durch, während die unsichtbare Infrarotstrahlung auf der Raumseite zu einem großen Teil reflektiert wird. Das Resultat ist, dass nur noch ein sehr
geringer Anteil der Wärmeenergie aus dem beheizten Raum durch das Isolierglas nach außen transportiert wird und die äußere Isolierglasscheibe kalt bleibt.
Dieser Vorteil für das Raumklima und das Behaglichkeitsempfinden des Raumnutzers hat jedoch einen Nachteil. Bei bestimmten Witterungslagen bildet sich Kondensat auf den Außenflächen des Glases, das
die freie Durchsicht behindert. Zum Kondensat kommt es, weil jeder Körper, also auch die Außenscheibe des Isolierglases, Wärmeenergie abstrahlt. Besonders hoch ist die Abstrahlung in einer klaren,
wolkenlosen Nacht. Die Temperatur im Weltraum entspricht dem absoluten Nullpunkt mit -273 Grad Celsius und die Erdadmoshäre kühlt sich ohne Wolken schneller ab. Kalte Luft kann weniger Wasser
speichern, als wärmere Luft. So kann Luft mit einer Temperatur von 20 Grad Celsius eine Wassermenge von 17,3 Gramm je Kubikmeter aufnehmen, wogegen Luft mit 10 Grad Celsius lediglich 9,4 Gramm Wasser
je Kubikmeter Luftvolumen bindet. In beiden Fällen ist das maximale Aufnahmevermögen erreicht. Die Luft ist gesättigt und die relative Luftfeuchte beträgt 100 Prozent. Wird die beschriebene
Luftsättigung in der Natur erreicht, fällt das Wasser in Form von Nebel, Regen oder Schnee aus. Genau so verhält sich das Wasser, wenn es auf Oberflächen trifft, die kälter als die Luft sind und
deren Oberflächentemperaturen unterhalb des Taupunktes liegen. Dort fällt das Wasser in Form von Kondensat aus. Insbesondere im Frühjahr und im Herbst gibt es häufig diese klaren Nächte in denen es
wegen der Temperaturabstrahlung recht kalt wird. Nach aufgehender Sonne erwärmt sich die Luft recht schnell. Mit der Lufterwärmung steigt auch die absolute Luftfeuchtigkeit. Die Oberflächen der
Isoliergläser haben sich in der Nacht stark abgekühlt. Sofern die Fenster im Schatten liegen, können sich die Gläser nicht schnell genug erwärmen und die Oberflächentemperatur der Außenscheibe bleibt
unter der Umgebungstemperatur. Je niedriger der Ug-Wert, desto tiefer sinkt in aller Regel die Oberflächentemperatur und desto langsamer erwärmen sich die im Schatten liegenden Glasflächen. Liegt
gleichzeitig die Luftfeuchtigkeit nahe dem Taupunkt, wird dieser an der kälteren Glasoberfläche unterschritten und es kommt zu Kondensat auf den Gläsern. Mit der Entwicklung zu immer geringeren
Ug-Werten wird diese Erscheinung in Zukunft noch häufiger auftreten. Das Kondensat auf der Glasfläche behindert zwar Zeitweise die Durchsicht, zeigt aber gleichzeitig, daß das Glas eine sehr gute
Wärmedämmung erfüllt.
Glasermeister Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Glaserhandwerk
Unterschiedliche Benetzbarkeit der Glasoberflächen
Durch das physikalische Phänomen der unterschiedlichen Benetzbarkeit von Glasoberflächen können beim Beschlagen der Oberflächen durch Kondensat infolge übersättigter Raumluft, z B. durch Kochdampf, Blumen, Duschen usw., auf den Glasoberflächen Sauger- oder Etiketten-Abdrücke sichtbar werden. Diese sind nicht mehr sichtbar, sobald die Befeuchtung wieder aufgehoben ist. Der Grund für diese Spuren ist die unterschiedliche Benetzbarkeit, weil die Oberfläche partiell „verunreinigt“ ist. Bei der Herstellung des Isolierglases werden die Einzelscheiben mit einer speziellen
Waschmaschine mit aufbereitetem Wasser gründlich gewaschen. Dabei werden die
Glasoberflächen außerordentlich sauber und chemisch-physikalisch hochaktiviert. Die Oberflächen nehmen dadurch beim Kontakt mit fremden Materialien wie z. B. Handschweiß, Fett, Etiketten-Klebestoff, usw. Teile davon auf. Nach dem Waschen werden die Glasoberflächen, die zum Scheibenzwischenraum hin verarbeitet werden, nicht mehr berührt. Im Gegensatz dazu werden die Außenseiten des Isolierglases beim Transport und der Weiterverarbeitung berührt. Jede „Verunreinigung“ hat eine andere Oberflächenenergie, die zu einer unterschiedlichen Benetzbarkeit führt. Die Scheiben sind bei normaler Luftfeuchtigkeit absolut sauber. Im Laufe der Zeit wird sich durch die periodische Reinigung der Scheiben die unterschiedliche Benetzbarkeit weitgehend verflüchtigen und auflösen, je nachdem mit welchem Fensterputzmittel und wie die Scheiben gereinigt werden. Soll dieser Effekt sofort reduziert werden, empfehlen wir den Einsatz eines Glasreinigungsmittels mit einem Anteil Salmiakgeist.
Glasermeister Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Glaserhandwerk
Ursache von Spontanbrüchen bei thermisch vorgespanntem ESG sind in den meisten Fällen Fremdkörpereinschlüsse, wie z. B. Nickelsulfid, die sich in der Glasschmelze nicht aufgelöst haben. Diese Fremdkörper können durch Ihre Neigung zur allotropen Umwandlung nach dem Herstellungsprozess zu neuem Wachstum angeregt werden. Als Allotropie bezeichnet man die Eigenschaft eines chemischen Stoffes in verschiedenen Kristallformen vorzukommen (z. B. Kohlenstoff als Diamant oder Graphit). Durch eine Umwandlung von a-Nis in ß-Nis und einer damit verbundenen Volumenvergrößerung von ca. 4 %führt Nickelsulfid, wenn es in der Zugzone des thermisch vorgespannten ESG liegt, zum Spontanbruch. Die Scheibe zerspringt dann ohne direkte äußere Einwirkungen und zerfällt dabei in tausende Glaskrümel. Da das Wachstum der Nickelsulfideinschlüsse sehr langsam voranschreitet, ist es möglich, dass es erst Monate oder Jahre nach der Herstellung zum Bruch kommt, wenn der Druck im Glasinneren zu groß wird.
Um Diese Spontanbrüche weitestgehend auszuschließen ist es möglich die fertigen ESG-Scheiben einem Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test) zu unterziehen. Dabei werden die Scheiben über die Dauer von 8 Stunden in einem Ofen bei ca. 290° C gelagert, um einen natürlichen Alterungsprozess in kurzer Zeit zu simulieren. Wenn die Scheibe diesen Test unbeschadet übersteht, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sich kein Fremdkörper in dem Glas befindet.
Glasermeister
Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Glaserhandwerk
Anisotropien
Anisotropien sind ein physikalischer Effekt bei wärmebehandelten Gläsern wie
Einscheibensicherheitsglas ESG oder teilvorgespanntem Glas TVG, resultierend aus der internen Spannungsverteilung. ESG wird horizontal, überwiegend durch Strahlung in einer automatisch geregelten Vorspannanlage auf ca. 650° C erhitzt und anschließ end mit Kaltluft konvektiv
abgeschreckt. Durch das Abschrecken entstehen Spannungszonen und optische Oszilationsfelder im Bereich der Luftdüsen, die zu Doppelbrechungen des Lichtes führen. Eine abhängig vom Blickwinkel entstehende Wahrnehmung dunkelfarbiger Ringe, Wolken oder Streifen bei polarisiertem Licht (Licht mit Wellenparallelität) oder Betrachtung durch polarisierende Gläser (Polarisationsfilter) ist möglich. Polarisiertes Licht ist im normalen Tageslicht vorhanden.
Da das Tageslicht abhängig vom Wetter und von der Tageszeit bzw. dem Sonnenstand unterschiedliche Anteile von polarisiertem Licht aufweist, kann diese Erscheinung auch mit unterschiedlicher Intensität beobachtet werden. Die Doppelbrechung macht sich unter flachem Blickwinkel oder auch bei im Eck zueinanderstehenden Glasfassaden stärker bemerkbar.
Diese Felder sind bei klarem Glas seltener und bei eingefärbten Gläsern meist stärker sichtbar.
Bei Strukturgläsern nimmt das Auge diese Felder nicht wahr.
Das Auftreten dieses Effektes ist Produktionsbedingt und kein rügefähiger Mangel.
Glasermeister
Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Glaserhandwerk
Interferenzen
Bedingt durch die optimale Planparallelität von Floatglas (Spiegelglas nach dem Floatverfahren), kann es bei bestimmten Lichtverhältnissen zu physikalisch bedingten, optischen Erscheinungen kommen.
Diese werden durch regenbogenartige Flecken, Bänder und Ringe sichtbar, die beim Druck auf die Scheiben ihre Form und Lage verändern.
Interferenzen sind physikalisch bedingte Lichtbrechungs- und Überlagerungserscheinungen, sie treten nur in Fällen auf, bei denen zwei oder mehrere Floatglasscheiben hintereinander angeordnet sind.
Somit handelt sich bei diesen Interferenzen um Erscheinungen, die als Ausdruck
einer ausgezeichneten Floatglasqualität anzusehen sind und keinen Mangel darstellen.
Glasermeister
Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
für das Glaserhandwerk
Doppelscheibeneffekt
Isolierglas hat ein durch den Randverbund eingeschlossenes Luft und / oder Gasvolumen, dessen Zustand im wesentlichen durch den barometrischen Luftdruck, die Höhe der Fertigungsstätte über
Normal-Null (NN) sowie die Lufttemperatur zu Zeit und am Ort der Herstellung bestimmt wird. Beim Einbau von Isolierglas in anderen Höhenlagen, bei Temperaturveränderungen und bei Schwankungen des
barometrischen Luftdruckes (Hoch- und Tiefdruck) ergeben sich konkave oder konvexe Durchbiegungen der Einzelscheiben und damit optische Verzerrungen.
Auch Mehrfachspiegelungen können unterschiedlich stark an Oberflächen von Isolierglas auftreten.
Die Spiegelbilder können verstärkt erkennbar sein, wenn z.B. der Hintergrund der Verglasung dunkel ist oder wenn die Scheiben beschichtet sind.
Diese Erscheinung ist ein physikalisches Gesetz aller Isolierglaseinheiten.
Glasermeister
Axel Möller
öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger
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